Auftaktveranstaltung zu „Zukunftsperspektiven Rheinisches Revier“ im EkoZet in Kerpen-Horrem
Strukturwandel braucht echte Bürgerbeteiligung
Der Koordinierungskreis Strukturwandel, ein Zusammenschluss von bislang an die 30 zivilgesellschaftlichen Organisationen und darüber hinaus vielen engagierten Einzelpersonen, hat bereits im Oktober 2018 ein vorläufiges Konzept zum Strukturwandel im Rheinischen Revier vorgelegt. Allen Beteiligten war es von Anfang an wichtig, dass dieser Prozess demokratisch, transparent und unter Einbeziehung möglichst vieler der in der Region verfügbaren Expertisen gestaltet wird. Aus diesem Grund plant der Koordinierungskreis, dessen Arbeit durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen gefördert wird, für die nächsten Monate eine Reihe von Veranstaltungen, um die öffentliche Diskussion anzuregen und den Strukturwandelprozess voranzubringen.
Den Auftakt bildete ein Debattentag zum Thema „Energiewirtschaft“ am 12. Januar 2019 im Energie-Kompetenz-Zentrum des Rhein-Erft-Kreises in Kerpen Horrem, an dem insgesamt etwa 70 Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung und verschiedenen Organisationen sowie Einzelpersonen teilnahmen.
Um den Kontext und die Intention der Veranstaltung bzw. der geplanten Veranstaltungsreihe zu erläutern, schilderte Antje Grothus, Vertreterin der Tagebaubetroffenen in der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ und Mitglied im Koordinierungskreis Strukturwandel, den Entwicklungsprozess und die Besonderheiten des vorliegenden Konzepts und ging dabei auch auf zentrale Begriffe wie „Gutes Leben“ und „Gute Arbeit“ ein. Neben acht miteinander vernetzten Leitlinien wurden auch Leitideen entwickelt, an Hand derer sich Strukturwandelprojekte auf ihre Nachhaltigkeit und Zukunftstauglichkeit überprüfen lassen. Den aktuellen Stand des Konzepts präsentierten Andreas Büttgen und Jutta Schnütgen-Weber, die darauf hinwies, dass Suffizienz, nicht Effizienz der wichtigste Aspekt von Nachhaltigkeit ist. „Suffizienz bedeutet nicht notwendigerweise Verzicht, sondern Mäßigung.“
Zum Schwerpunktthema gab es vier Beiträge: Zunächst stellten Sönke Tangermann und Michael Friedrich von Greenpeace Energy EG das Konzept „ReinRevierWende“ von. Die Genossenschaft schlägt vor, die Braunkohle-Tagebaue und -Kraftwerke des RWE-Konzerns im Rheinischen Revier ab 2020 nach und nach für 384 Mill. Euro zu übernehmen und durch Windkraft- bzw. Photovoltaikanlagen zu ersetzen. Dabei sollen keine Arbeitsplätze verloren gehen. Durch die Vorstellung des Konzepts werden Kommunikationsanlässe geschaffen, um Visionen für die Region zu entwickeln und zu diskutieren. Damit liegt die Messlatte recht hoch. Aber, so Michael Friedrich: „Jeder Vorschlag, der schlechter ist als unserer, ist eigentlich peinlich.“
Dr. Eva Stegen und Tanja Gaudian, EWS Schönau, zeigten anhand ihres Unternehmens, wie Energie aus Bürgerhand gelingen kann. Dabei setzen sie auf den sog. „Sonnencent“. Die Energiegewinner eG aus Köln
lassen aus ihren Genossenschaftsmitgliedern bereits mit dem Besitz von nur einem einem installierten Solarmodul zum „Prosumer“ werden.
Im letzten Vortrag beschrieb Joachim Schwister, Technischer Beigeordneter der Stadt Kerpen, die kommunale Projektidee eines Mobilitätshafens. Die Energie dafür soll aus Erneuerbaren Kraftwerken in den mehrere hundert Meter tiefen Braunkohle-Gruben, die er in „Täler“ umfirmierte, geliefert werden.
Antje Grothus zog am Ende der Veranstaltung ein positives Resumee: „Die Ideen, die in den Diskussionen zwischen den Vorträgen, aber auch am Rande der Tagung eingebracht wurden, zeigten das hohe Maß an Kreativität und Engagement, das in der Region vorhanden ist. Wichtig ist dabei, dass alle Akteur*innen die Gelegenheit bekommen, sich konstruktiv in den Prozess des Strukturwandels einzubringen. Mit mehr Bürgerbeteiligung und Partizipation kann die Transformation des Rheinischen Reviers in eine zukunftsträchtige und –fähige Region gelingen.“
Foto: Hubert Perschke