Vortrags- und Dialogveranstaltung „Bioökonomie“ im Forschungszentrum Jülich – Zusammenfassung, Ausblick & Downloads

In den einführenden Worten der Veranstalter durch Antje Grothus, ehem. Mitglied der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung Download_Begruessung_Antje_Grothus ) und Prof. Dr. Ulrich Schurr, Leiter des Instituts für Bio- und Geowissenschaften am FZJ, wurde hervorgehoben, wie wichtig der Dialog zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft ist, um den Strukturwandel im Rheinischen Revier konsensual zu gestalten.

Prof Harald Bolt, Vorstand des FZJ, stellte in seinem Vortrag „Forschungszentrum Jülich“ ( Download_Bolt_Schurr ) die strategischen Forschungsfelder und die Bedeutung der bioökonomischen Forschung heraus.

Vergleicht man das Eckpunktepapier ( Download_Zukunft_ist_unser_Revier ) der Zukunftsagentur Rheinisches Revier mit dem Konzept Revierperspektiven Rheinland „Gutes Leben und Gute Arbeit“Download_Konzept )  des Zivilgesellschaftlichen Koordinierungskreises, wird deutlich, wie umfassend der Strukturwandel im Rheinischen Revier in alle Lebensbereiche eingreifen wird und wie unterschiedlich die Konzepte sind, diesen Strukturwandel zu gestalten. Wesentliche Inhalte hierzu wurden einerseits von Ralph Sterck, Geschäftsführer der ZAR, in seinem Vortrag vorgestellt. Jutta Schnütgen-Weber, BUND Rhein-Erft-Kreis, vertiefte stellvertretend für den Zivilgesellschaftlichen Koordinierungskreis Strukturwandel (ZKS) die Leitlinien Naturraum und Bürgerbeteiligung als wesentliche Elemente des Konzepts.

Prof. Dr. Ulrich Schurr zeigte in seinem Vortrag „Zirkuläre Bioökonomie im Rheinischen Revier“ Download_BioOekonomie_Schurr ) den Bezug einer nachhaltigen Bioökonomie zu den 17 Sustainable Development Goals auf, da man bioökonomische Fragen nicht isoliert betrachten darf, sondern den globalen und internationalen Kontext verdeutlichen muss, bevor man Fragestellungen hierzu auf die Region herunterbrechen kann. Die besondere Gunst des Rheinischen Reviers als BioökonomieRevier (8) wurde ebenso verdeutlicht wie die hervorgehobene Forschungslandschaft im Raum Aachen/Jülich/Köln und die Notwendigkeit, einen Wissensdialog über die Grenzen der wissenschaftlichen Einrichtungen hinaus zu führen. Genau hier ist die Schnittstelle zur Zivilgesellschaft, die sich mitgestaltend in den Strukturwandelprozess einbringen will.

Dr. Jan-Hendrik Kamlage vom Kulturwissenschaftlichen Institut Essen verdeutlichte in seinem Vortrag „Partizipation als Modus nachhaltiger Transformation: Potenziale und Herausforderungen strukturierter Bürger- und Stakeholder-Beteiligung in der Praxis“Download_Kamlage ) die Komplexität von Partizipationsprozessen und wies darin nachdrücklich auf die Notwendigkeit einer dialogorientierten Bürgerbeteiligung hin. Genau dieser Ansatz spiegelt sich im Strukturwandelkonzept des ZKS wieder.

Hans Kühnl vom Zivilgesellschaftlichen Koordinierungskreis protokollierte den anschließenden Workshop auf Grundlage dieses Vortrags: Workshop: Gestaltungsoptionen eines Beteiligungsprozesses zur regionalen Entwicklung ( Download_Workshop_Protokoll_Kamlage  )

In Kurzvorträgen legten weitere Referenten das Fundament für die Arbeit in den Workshops. Dieses Konzept wurde von der überwiegenden Zahl der Teilnehmer*innen ausdrücklich begrüßt, da so eine allgemeine Orientierung über die angebotenen Themen möglich wurde.

Joachim Böttcher von der Stiftung Lebensraum-Mensch-Boden-Wasser-Luft wies in seinem Vortrag „Schlüsseltechnologie ‚Terra Preta‘ – Schließung regionaler Stoffkreisläufe und Unterstützung einer regenerativen Landnutzung“Download_Boettcher_Terra_Preta )auf die Notwendigkeit hin, die Transformation in der Landwirtschaft deutlich zu beschleunigen. Im Zentrum steht die Qualität des Bodens, das Konzept „Terra Preta do Indio“ dient als Beispiel für die Möglichkeit, traditionelles Wissen für technologische Prozesse zu nutzen und eine Basis für den Humusaufbau und eine klimaresiliente Landwirtschaft zu liefern.

Im zugehörigen Workshop: „Schlüsseltechnologie Terra Preta“, geleitet durch Joachim Böttcher und Jürgen Haas, wurde die Umsetzung in großem Maßstab diskutiert und das Potential für eine Humusanreicherung der landwirtschaftlichen Böden intensiv diskutiert. Peter Kämmerling, der für den ZKS und das Eine Welt Forum e.V. an der Veranstaltung teilnahm, hat diesen Workshop protokolliert.Download_Protokoll_Workshop_TerraPreta )

Dr. Silvia Schrey vom FZJ stellte in ihrem Vortrag  „Nachwachsende Rohstoffe – Für ein besseres Verständnis von Sida hermaphrodita. Anbau, Entwicklung und BiomassenutzungDownload_Schrey ) das besondere Potenzial von nachwachsenden Rohstoffen ins Zentrum. Die Bedeutung dieser Pflanze ergibt sich durch den Aufbau eines starken Wurzelsystems, das für die Böden wegen der über die Wurzeln stattfindenden Kohlenstoffanreicherung günstig ist. Allerdings kann die Tatsache, dass Sida auf eher schlechteren Böden einzusetzen ist, ein Konfliktpotenzial mit dem Naturschutz aufzeigen, weil gerade marginale Böden und ihre geringe Nutzungsintensität Standorte für mehr Biodiversität sind.

Auch dieser Aspekt wurde im von Dr. Silvia Schrey und Dr. Holger Klose geleiteten Workshop: “Nachwachsende Rohstoffe und integrierte Bioraffinerien“ angesprochen. Hier muss nach Kompromissen gesucht werden, um nachwachsende Rohstoffe und Naturschutz aufeinander abzustimmen und einen Ausgleich zu suchen.

Erich Gussen vom Rheinischen Landwirtschaftsverband zeigte schon durch den Titel seines Vortrags „Food Valley – Land mit Landwirtschaft gestalten“ Download_FoodValley_Vortrag ) auf, dass er die hohe Produktivität der Böden im Rheinischen Revier als Chance für intensive Aktivitäten im Sinne eines bioökonomischen Handelns sieht. Im Workshop: „Food Valley“ gab es sehr intensive Diskussionen und Auseinandersetzungen darüber, wie z.B. der langfristige Erhalt der Bodenfruchtbarkeit zu sichern ist. Den Workshop protokollierte Susanne Jung, die für den ZKS und den Solarförderverein an der Veranstaltung teilnahm. Download_FoodValley_WS_Protokoll )

Der Vortrag von Florian Hurtig von der Agroforstkampagne zum Thema „Agroforstwirtschaft als Möglichkeit gesteigerter lokaler Wertschöpfung“ musste leider ausfallen.

Michael Schneider vom Verband der Humus- und Erdenwirtschaft e.V. hob in seinem Vortrag „Die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft für den Strukturwandel im Rheinischen Revier“ Download_Schneider ) hervor, dass die stärkere Kompostnutzung ein hohes Potenzial hat, um den Humusgehalt der Böden zu verbessern. In eindrucksvollen Zahlenbeispielen führte er aus, dass die zur Verfügung stehende Kompostmenge in Deutschland eher zu klein ist und das vorhandene knowhow genutzt werden muss, um den Humusgehalt der Böden zu sichern oder zu steigern. Leider kam der Workshop zu diesem Thema nicht zustande.

Henning Walther von der Forschungsstelle Rekultivierung (RWE) erläuterte in seinem Vortrag „Biomasseanbau in der Rekultivierung und Auswirkungen auf die Biodiversität“Download_Biooekonomie_Biodiversitaet ) zunächst die allgemeine Vorgehensweise bei der Rekultivierung zur Wiederherstellung landwirtschaftlich zu nutzender Böden. Dabei spielen nachwachsende Rohstoffe eher eine untergeordnete Rolle. Er machte aber unmissverständlich deutlich, dass sich der Anbau von Energiepflanzen auf Lößböden nicht lohnt und man deshalb auf Randertragsböden ausweichen muss. Solche Flächen könnten z.B. im Bereich der Böschungssysteme in den ausgekohlten Tagebauen über Jahrzehnte bestehen bleiben.

Im Workshop: „Biomasseanbau in der Rekultivierung und Biodiversität“ ging es um viele Fragen rund um den Zusammenhang zwischen Rekultivierungszielen und Biodiversität. Den Workshop protokollierte Jupp Runge, ZKS. Download_Protokoll_Workshop_Rekultivierung )

Ein wichtiges Fazit, das von den Veranstalter*innen gezogen werden kann, besteht zum einen darin, dass der intensive Dialog vieler verschiedener Akteure im Bereich der Biomassenutzung dringend notwendig ist, um den Strukturwandel im Rheinischen Revier zu gestalten. Entsprechende Anlässe sollten von allen handelnden Akteuren, gerade auch der etablierten Strukturen, geschaffen werden, sei es in Gesprächsrunden oder in Form von Veranstaltungen.

Für den Themenbereich „Partizipation“ sei das Resumee von Hans Kühnl hier zitiert: „…“Es wird die Aufgabe auch des Zivilgesellschaftlichen Koordinierungskreises Strukturwandel in der Zukunft sein, an der Institutionalisierung von echter Bürgerbeteiligung mitzuwirken und konkret mitzuarbeiten. Für uns ist das ein wichtiges Feld für die zukünftige Arbeit.“

Darüber hinaus wurden gerade im Themenbereich „Nachhaltige Landwirtschaft“ große Unterschiede des wissenschaftlichen Zugangs deutlich. Gerade der ökologische Landbau wird nicht in seiner Bedeutung für den Schutz des Bodens anerkannt. Aus Sicht des ZKS stellt gerade das Thema „Bodenfruchtbarkeit“ und „Erhaltung der natürlichen Leistungsfähigkeit des Bodens“ ein wichtiges Thema für die zukünftige Arbeit zur Leitlinie 3 dar. Wie aus dem Protokoll zum Workshop „Food Valley“ deutlich wird, ist der Dialog zwischen der Landwirtschaft und zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen dringend notwendig. Dabei geht es darum, fernab von ideologischen Grabenkämpfen zu Lösungen für die Auswirkungen des Klimawandels und dem Verlust an Biodiversität zu kommen.

Insgesamt soll an dieser Stelle von Seiten der veranstaltenden Institutionen bzw. Gruppen ein besonderer Dank an alle gehen, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.

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